Am Montag, den 14.11.2022, haben wir in über 90 Minuten und ca. 75 Bildern vieles über die DDR und ihre Parallelen zur heutigen Welt gelernt. Wir, das sind die Oberstufen-Kurse und die 9b. Sigfried Wittenburg, Zeit seines Lebens Fotograf, erzählte uns unter dem Schwerpunkt „Propaganda“ vom Alltag in der DDR und wie er diesen wahrgenommen hat. Seit nun mehr 8 Jahren hält der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Fotograf Vorträge für Schüler und Schülerinnen in zehn Bundesländern – darunter seit neustem auch seine Heimat. Der gelernte Funkmechaniker hat schon zu DDR-Zeiten Bilder von besonderem Charakter entstehen lassen. Als er den Beruf des Fotografen ergriff, fing er zunächst in seinem unmittelbaren Umfeld an und warf dann ein genaueren Blick auf die mutmaßliche Normalität des Lebens in der DDR: Lange Schlangen vor Läden und Plattenbauten, welche die alten halbzerfallenen Häuser ablösten, sahen wir auf den Fotografien von Herrn Wittenburg.
Mit der Präsentations-Folie „Lüge, Zorn und eine friedliche Revolution oder die Schere zwischen Propaganda und Realität” hieß der Referent Sigfried Wittenburg schließlich zu seinem eigentlichen Vortrag willkommen. Er stand der DDR-Regierung teils misstrauisch gegenüber und lernte deshalb mit seinen Freunden eine eigene Sprache, bestehend aus ihren Bildern, den Fotografien, die sie erstellten. Wittenburgs Arbeit hätte durchaus als „Regimekritik” aufgefasst werden und eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen können. Die Folgen aus der Sorge und Angst vor Repressionen der DDR-Regierung war das überall spürbare Misstrauen in der, wie Herr Wittenburg erklärte, „vergifteten Gesellschaft”.
Auch heute noch sieht er sich Überbleibseln der sozialistischen Denkweise aus der damaligen Zeit konfrontiert. Redner, die Lügen und Halbwahrheiten der damaligen Propaganda weiterverbreiten, haben die DDR überdauert. So zeigt uns der Vortrag von Herrn Wittenburg immer wieder Parallelen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. 1989/1990 wurde ihm die Ehre zuteil, an der Rostocker Zirkelshow, einer Fotoausstellung, teilzunehmen. Zwei von acht Bildern wurden aufgrund von zu „pessimistischer” Einstellung aussortiert. Damit hatte er seinen Ruf in diesen Kreisen weg. Im Nachhinein gibt er zu bedenken, dass er ohne den Mauerfall seinen Ruf für immer verloren hätte.
Heutzutage schreibt Herr Wittenburg häufig als Gastautor, zum Beispiel bei Spiegel online, und weiß deshalb die Meinungs- und Pressefreiheit besonders zu schätzen. Denn zu Zeiten der DDR beanspruchte die SED ständige Kontrolle über die Zeitung, das Fernsehen und jegliche andere Kanäle zur Meinungsbildung. Außerdem weist Herr Wittenburg daraufhin, dass heutzutage allein der Spiegel circa 60 Menschen angestellt hat, um den Wahrheitsgehalt eines jeden Artikels vor dem Drucken zu prüfen.
Um dem DDR-Regime und seiner Kontrolle zu entkommen, versuchten viele der Bürgerinnen und Bürger zu fliehen und doch schaffte nur circa ein Sechstel die Flucht, unter anderem über die Ostsee. Die an den Grenzen vorhandenen Grenzsoldaten hatten es entgegen unserer Annahme ebenfalls nicht leicht. Traumata und allgemein psychische Erkrankungen waren weit verbreitet in der NVA und nicht wenige der Soldatinnen und Soldaten wählten für sich den Suizid als Ausweg.
Abschließend merkt Wittenburg an, dass trotz alle dem die Menschen in der DDR auch Glück im Leben empfanden.
Lieber Herr Wittenburg, vielen Dank für Ihren Vortrag, wir freuen uns bald wieder von Ihnen zu hören.
Saskia und Melina aus der 9b