Montag, 4. September
Eine aufregende, abwechslungsreiche und schöne Zeit scheint vor uns zu liegen als wir am 4. September diesen Jahres den Zug mit dem Reiseziel „Köln“ betreten. Und wir sollen nicht enttäuscht werden!
Unser erstes Abenteuer erleben wir, als unser ICE nach 2 Stunden Fahrt von Hamburg aus plötzlich langsamer wird und schließlich in Rotenburg an der Wümme nothalten muss. „Endstation! Aussteigen bitte über die Wagen 1-5!“ (Wir haben natürlich Wagen 7.)
Selbstverständlich lassen wir uns von dieser Bahnpanne ebenso wenig unterkriegen wie von der Mittagshitze und entern eine Regionalbahn nach Bremen, um von dort in einen ICE nach Basel umzusteigen. Zum Glück kommen nicht viele andere der gestrandeten Reisenden auf diese „geniale“ neue Reiseplanung, so dass wir alle einen Sitzplatz finden und uns bis Köln von den Strapazen erholen können. :)
In der Jugendherberge warten vorbereitete Zimmer und warme Abendessen auf uns, die wir uns redlich verdient haben.
Gestärkt unternehmen wir noch einen Abendspaziergang zum Ufer des Rheins, das nur 5 Minuten zu Fuß entfernt liegt. Eine laue Spätsommerluft, der plätschernde Fluss, umherziehende Schwärme von Sittichen, ratternde Züge, die prächtigen Brücken und vor allem die Skyline der Domstadt im Sonnenuntergang sorgen für eine Superstimmung und wecken die Vorfreude auf die kommenden Tage, auch wenn wir ein wenig von schlechtem Gewissen geplagt werden, haben wir doch (versehentlich) ein Liebespaar vom Strand vertrieben …
Dienstag, 5. September
Der Tag beginnt mit einem reichhaltigen Frühstücksbuffet, das wir entspannt genießen können, um uns dann zu unserer ersten Station, dem Farina Duftmuseum aufzumachen.
Unser Guide vor Ort ist ein absolutes Phänomen. Wie sich herausstellt ist er Schauspieler, spricht fließend italienisch, französisch, deutsch und beherrscht seinen Text in gehobener Schriftsprache so souverän, dass trotz mehrerer Relativsätze pro Hauptsatz kein Prädikat verlorengeht und man ihm einfach nur fasziniert zuhören muss.
So erfahren wir vom ersten weltberühmten Parfüm, was in diesem Haus entwickelt und hergestellt wurde, von seiner Geschichte und seiner unglaublichen Kostbarkeit. Letztere hing unter anderem auch damit zusammen, dass Wasser eher als Risiko für Infektionen galt, weniger als Chance sich zu waschen und Exkremente in den Städten auf die Straße gekippt wurden. Kurz: Es hätte damals ohne Parfüm unglaublich gestunken! Zum Schluss gelangen wir in den Raum, in dem das Parfüm damals hergestellt wurde und wir dürfen anhand vielfältiger ausgesuchter Proben Geruchsquellen erraten (Jasmin, Bergamotte, Lavendel, Rose, Vanille … usw.).
Zwar haben wohl alle vor kurzem geduscht, aber wir freuen uns doch als wir zum Abschied noch ein Parfümfläschchen geschenkt bekommen.
Am Nachmittag steht eine Besichtigung des berühmten Wahrzeichens der Stadt auf dem Programm – ein Muss, wenn man hierher reist.
Der Kölner Dom – ein Weltkulturerbe der Superlative:
632 Jahre dauerte es bis zu seiner Fertigstellung – nur die chinesische Mauer benötigte mehr Bauzeit. Seine Höhe beträgt 157,4 Meter, weswegen es sich um das dritthöchste Sakralgebäude der Welt handelt. Bis 2018 galt zudem sein „Dicker Peter“ als größte freischwingende Glocke der Welt.
Auch wenn der Südturm sogar noch 4 cm höher als der Nordturm ist, versuchen wir so weit wie möglich bis zu dessen Spitze zu klettern.
„Kein Aufzug“ belehrt uns ein Schild am Fuß einer Wendeltreppe (wir haben es doch geahnt) und so nehmen wir – sportlich wie wir sind – die 533 Stufen in Angriff. ;)
Ganz oben entdecken wir einen kleinen Rundgang mit einer phänomenalen Aussicht auf die Stadt! Wow! Wir sind erschöpft aber glücklich! Winzige Züge auf der Hohenzollernbrücke vermitteln einen Eindruck von der unglaublichen Höhe.
Es lohnt sich auch einmal das Innere der Kathedrale zu bewundern – so denken wir – und staunen über die prachtvollen riesigen Buntglasfenster. Wer mag darf in Gedenken an eine liebe Person ein Teelicht anzünden und es eine Weile betrachten – eine sehr schönes Angebot, was viele annehmen.
Mittwoch, 6. September
„Kann man da auch mal selbst was probieren?“ Diese besorgte Frage kommt im Laufe der Wanderung zum Schokoladenmuseum auf. „Ein bisschen“ lautet die stark untertriebene Antwort von uns Lehrkräften. Bereits am Eingang werden wir mit Naschereien versorgt, so dass wir voller Energie alle Informationen rund um die Schokoladenproduktion aufnehmen können.
Unter anderem durch ein Tropen-Gewächshaus mit Kakaobäumen gelangen wir in eine gläserne Schokofabrik, in der wir den gesamten Herstellungsprozess live verfolgen können. Gegen Einwurf von 1 € wird wie von Zauberhand eine kleine Leckerei ausgewählt, verpackt und zugestellt.
Weiter hinten wartet eine Art Fee an einem Brunnen mit flüssiger Schokolade, taucht von Zeit zu Zeit Waffeln dort hinein und verschenkt diese an uns Besucher*innen.
In einer Schokoladenmanufaktur bestellen viele von uns eigene Wunschtafeln, z.B. weiße Schokolade mit schwarzen Johannisbeeren, gerösteten Mandelstiften und Mini Crisps oder Alpenvollmilch Schokolade mit Haselnusskrokant, Amarettinigebäck-Stückchen und Kakaonibs ...
Vermutlich etwas überzuckert verlassen wir schließlich das Museum und versuchen ein gesundes Mittagessen am Alten Markt einzunehmen. ;)
Genau dort befindet sich auch das Timeride Senseum, in dem wir uns am Nachmittag auf eine Zeitreise in das Köln von 1926 begeben.
Zunächst fühlen wir uns durch eine raffinierte Filmprojektion als Teil eines Publikums in einem Lichtspielhaus, dem in einer Wochenschau über den wieder beginnenden Karneval berichtet wird.
Als nächstes betreten wir das Hutgeschäft von Tessa und werden unter anderem über die Bedeutung von Kopfbedeckungen für den Karneval informiert, wobei auch verschiedene Hüte aufprobiert werden.
Den Höhepunkte der Reise stellt eine echte Straßenbahn dar, in der wir Platz nehmen und VAR-Brillen aufsetzen. Wir erleben eine verblüffend realistische Fahrt durch die damalige Stadt: Unten an den Füßen rumpeln die Schienen, Fahrtwind bläst uns ins Gesicht, vorn steht Pitter, der Fahrer, begrüßt Menschen und berichtet Neustes vom jeweiligen Viertel. Vor allem aber wirkt es durch die Brillen äußerst authentisch, denn egal in welche Richtung man den Kopf dreht, man bleibt in der Zeit von 1926!
Nach Ende unserer Tour brauchen wir eine Weile, um uns wieder auf das Leben von 2023 einzulassen. :)
Donnerstag, 7. September
Wie ein Vogel über die Stadt fliegen und traumhafte Fotos machen – so weit der Plan für unsere heutige Fahrt mit der Seilbahn.
Eine kurze Strecke am Ostufer des Rheins, dann kurz durch den Park an jeder Menge Gänse vorbei und da ist sie auch schon, die Gondelstation. Vor Ort wird noch einmal auf wichtige Verhaltensregeln hingewiesen: während der Fahrt keine Gegenstände aus dem Fenster werfen, nicht die Türen öffnen, nicht aufstehen oder gar tanzen, usw. Vermutlich versteht sich all das von selbst, aber sicher ist sicher.
Tatsächlich fühlt sich die Reise ein wenig so an wie in einem Lift im Hochgebirge.
Das Panorama ist ähnlich atemberaubend! Blöd nur, dass die Motive relativ schnell aus dem Blickfeld verschwinden. Eine fixe Reaktion ist also gefragt, zum Glück sind wir ja Profis des Fotoshootings!
Als wir wieder festen Boden unter den Füßen haben, stimmen wir über die Location für das Mittagessen ab. Die Mehrheit entscheidet sich für Ikea – vermutlich wissen die meisten, was sie da gern essen und dass es ihnen da schmeckt. Mit der S-Bahn durchqueren wir den hippen Stadtteil Ehrenfeld und halten schließlich im äußersten Nordwesten Kölns, wo wir ein leckeres schwedisches Essen genießen.
Und hier in der Nähe sollen also die größten Filmstudios Europas zu finden sein? - Spätestens als wir einen riesigen Glasbau in der Ferne entdecken, über dem ein gewaltiges Einhorn schwebt, verfliegen letzte Zweifel.
Holger Franke, der im Polizeiruf der DDR einen Kriminalisten spielte und in der Serie „Unter uns“ einen Familienvater und Bäcker mimte, führt uns herum und spart dabei nicht mit Anekdoten sowie Insiderinformationen. Wir betreten Studio 30/31, in dem Folgen von GNTM, DSDS, Let's Dance, Ninja Warrior und noch vieles mehr gedreht werden. Dabei stehen die Crews durchaus unter Zeitdruck, kostet die Studiomiete pro Tag doch immerhin 50000 €. Auch in das höchste Studio der Welt (26 m) dürfen wir hinein, in dem unter anderem Szenen von „Der Medicus“ oder „Die fabelhafte Welt der Amelie“ aufgenommen wurden. Wir wundern uns über die seltsamen Striche auf der Erde, aber unser Guide hat eine einfache Erklärung parat: Die Fußböden der jeweiligen Räume (Küche, Wohnzimmer, u.a.) werden aufgemalt, damit die Kameras auf dem glatten Beton fahren können ohne dabei zu wackeln. Wir sehen hier noch die Reste davon.
Im Außenbereich entsteht gerade eine Folge aus der Serie „Alles was zählt“ und daher können wir dort einen Blick auf die Kulissen werfen. - Irgendwie schon seltsam, dass bereits ein Weihnachtsmarkt aufgebaut ist, aber die Episode soll eben im Dezember gesendet werden. Während wir andächtig das Dekor bestaunen, öffnet sich plötzlich eine Tür zu einem der Studios und die Hauptdarstellerin erscheint in ihrem Kostüm mit Schlittschuhen an den Füßen. Umgehend steigt sie in ein E-Auto mit Potsdamer Kennzeichen, um die nächste Szene in einem anderen Studio über die Bühne zu bringen – alles in allem ziemlich surreal, besonders bei spätsommerlichen 28 Grad im Schatten!
Schwer beeindruckt treten wir die Rückreise an. Manch eine*r träumt wohl von einer Karriere vor oder hinter der Kamera. Das Potential ist auf jeden Fall da … ;)
Freitag, 8. September
Das Deutsche Sport & Olympiamuseum ist unser erstes Ziel heute. Vor dem langen Sitzen während unserer Zugfahrt haben wir hier nicht nur Gelegenheit Sportgeschichte in Form von Plakaten, Medaillen oder Radiobeiträgen kennenzulernen, sondern wir können viele Sportarten auch einmal ausprobieren: Torwandschießen wie im Aktuellen Sportstudio, Boxen im Ring mit Sandsack und Handschuhen, Rennradfahren auf einem Spezialergometer u.a. mit Geschwindigkeits- und Leistungsanzeige, Hochspringen mit Sprungkraftauswertung, Probesitzen im Bob oder im Formel-1-Rennwagen, usw..
Nach einer Weile treffen sich fast alle auf dem Kunstrasenplatz auf dem Dach, um Fußball zu spielen – das war natürlich abzusehen bei den vielen super Kickern in dieser Klasse …
Tja und dann heißt es „Tschüs“ sagen zur Rheinmetropole.
Die Heimfahrt im ICE bis nach Hamburg verläuft erstaunlich reibungslos, nur dass wir natürlich wieder Verspätung haben. Allerdings macht uns eine Durchsage Hoffnung, die verspricht, unser Anschlusszug werde auf uns warten. Somit springen wir beschwingt aus dem Zug, eilen Bahnsteige entlang, stürmen zielstrebig zum richtigen Gleis und tatsächlich: Da steht er, unser Regionalexpress! - Das heißt aber nicht, dass die Türen auch geöffnet werden: Wegen Überfüllung geschlossen! Aus pädagogischen Gründen müsste das vorbildliche Verhalten der Schüler*innen eigentlich mit einem Sonderzug belohnt werden, aber wir sind nun mal nicht in der Schule … :(
2,5 Stunden später rollen wir dann schließlich doch auf den letzten Kilometern vor Flensburg und verabschieden uns für ein paar Tage voneinander.
Viele haben neue Eindrücke gewonnen, neue Freundschaften geschlossen oder vertieft und eine spannende Zeit gehabt. Von daher ist es sehr schade, dass die Klassenfahrt schon vorbei ist!
Manch eine*r ist aber wohl auch froh, das Schlafdefizit ein wenig aufholen zu können, einmal im eigenen Zimmer ganz für sich zu sein und – last not least – die Familie wiederzusehen. Denn auch nach der besten Klassenfahrt freut man sich auf Zuhause!
Volker Meise